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Die Duplizität der Ereignisse
Ein Eintrag zu Bildern von Rick E. Loef in mein Kunsttagebuch
Isabella Cabaletta |
Bis zum Kinoeinlass
dauerte es noch eine Weile. Um
die Wartezeit
zu überbrücken, begab ich mich zwei Häuserecken
weiter,
in die Kunstausstellung »Musik /
Tanz / Tod« von Rick E. Loef.
Schon der
flüchtige Überblick genügte, um meine kunstästhetischen Überzeugungen und Wünsche
in Loef`s Bildern formalisiert zu sehen. Sogleich dem Prinzip von
Reiz und Reaktion folgend, begann ich, den formal
wie technisch
außerordentlich sparsam angelegten Bildern
Loef´s intuitiv auf den
Wesensgrund zu gehen.
Ich
zückte
mein
Notebook und notierte: "Den
dreien, in einem Bilderzyklus zusammengeführten Themen
"Musik",
"Tanz" und "Tod", scheint
ein gemeinsamer, urtypischer Wesenskern inne zu wohnen." Mein
anschließender Blick in den
Begleittext
zur Ausstellung, bewirkte eine
Initialzündung.
"Loef malt seine Bilder
ohne Umwege, direkt mit dem Finger". Ich sah mein eben noch intuitives
Empfinden jetzt auf verblüffende Weise
bestätigt. Sogleich verdoppelte sich die Verlockung, die künstlerische Intention Loef´s,
entlang der wegweisenden
Fingermalspuren zu ergründen.
Nachdem
sich meiner Intuition
mein analytischer Verstand hinzugesellte, erfasste ich die
so eindringlich wirkende Diktion der Bilder
als wahrlich meisterhaft bewerkstelligte
Zusammenführung verschiedener Kräfte.
Loef hatte einen jungen
und
gleichwohl "präarchaischen" Malprozesses unter der
"Federführung" seines malenden Fingers für unser zeitgenössisches Auge aus
der Konserve befreit. Beeindruckend die
resolute Sparsamkeit der das Bild bestimmenden Mittel,
auch als Ausdruck
künstlerischer und formaler
Disziplin.
Hierzu notierte
ich in mein Notebook:
"Loef verordnet den Verlockungen einer üppigen Farben-
und Formenpalette an dieser Stelle die zweckmäßige Auszeit. Entschieden belässt Loef (als ehemaliger Tutor des
maltechnischen Lehr-und
Versuchsstudios der Braunschweiger Kunsthochschule im souveränen Umgang
mit üppigen Malpaletten durchaus vertraut) dieselben
in der Hinterhand". Dadurch, dass sich
Loef, als Maxime und Methode, konsequent diesen Minimalismus verordnet,
spielt er den Kontrapunkt
von Einlassung und Auslassung bei der Gestaltgebung maximal aus." Mit dieser Erkenntnis im Gepäck,
fand
ich, Bild für
Bild,
besagte
Maxime und Methode bestätigt.
Später, bei einem Cappuccino
an der Kino-Bar, ließ ich meine Eindrücke Revue
passieren und notierte:
Loef´s
Finger, als das in seiner Hand unmittelbar angelegte Malwerkzeug,
prägt ein typisches Merkmal seiner Fingermalerei."
So evozieren die Fingermalspuren, wie ein auf sich selbst zurückweisendes
Indiz, eine prähistorisch
anmutende Charakteristik."
Besagtes
Indiz erinnert mich gleichsam an die überragende Bedeutung der menschlichen
Hand,
das Universalwerkzeug, auf der Entwicklungsscala menschlich-Kultureller Betätigung.
Schon rotierten die Resultate der Loef´schen
Fingermalkunst in stetem Bilderreigen vor meinem
geistigen Auge - leichterdings
ekstatische,
dionysische Tänzer und Tänzerinnen evozierend.
Allerlei urtypische Leitbilder pendelten
fortan zwischen den zeitgenössischen
Fingermalereien
Loef´s
und der
Fiktion der feinmotorischen Hand eines
prähistorischen Kunstschaffenden. Vor meinem geistigen Auge verdichtete
sich die Vorstellung
einer solchen Hand, so, wie diese einstmals mit
dem Finger feuchte, eisenoxidhaltige Erde aufnahm, um
Abbilder anthropomorpher
Zeitgenossen auf eine Felsenwand oder ein Holz oder
die menschliche Haut zu malen. Für unserer Gegenwart, setzt Loef seine eigene, "moderne" Variante
dagegen, indem er gleichwohl mit seinem
Finger auf Malkarton, Glas oder Keramik einen Zyklus zeitloser
Tänzer/innen oder zeitgenössische Musiker malt, wobei letztere, voller sprühender Musikalität, eine elektrische Gitarre
oder ein Saxofon oder ein Cello bedienen. Im Ergebnis wird zudem
augenscheinlich, dass der Malspuren hinterlassende Finger Loef´s, über unseren
Urahnen hinausweisend, mit den Malpinseln artverwandter Meister
uns bekannter Kulturen und Epochen auf Augenhöhe agiert!
Maltechnisch
realisiert Rick E. Loef
seine figurativen Fingermalereien überwiegend
mit natürlichem Farbmaterial. Wenn das der Fall
ist, bevorzugt er
schwarze Eisenoxidfarbe oder das
Blau eines Kupfersalzes. Diese mineralhaltigen und unlöslichen
Pigmente, benetzt er mit einem wässrigen
Bindemittel. Auch
dahingehend deckt sich Loef´s maltechnisch
minimierte Verfahrensweise mit derjenigen
unseres kunstbegabten Urahnen.
Doch
weil sich
die Bilder Loef´s nicht bereits an dieser pragmatischen Bündigkeit mit jenem
Urahnen
erschöpfen, sondern darüber hinaus ein Mehrfaches an
innerer und äußerer Substanz liefern, will ich auf einen
erweiternden Aspekt
hinweisen: Beider Tun deckt sich
nicht bloß aufgrund einer quasi identischen
maltechnischen und motorischen Prozedur. Beider
Tun
entspringt einer geistigen Duplizität, noch vor dem
eigentlichen Geschehen, als Folge einer intelligiblen ARTverwandtschaft"
Eingedenk
all dessen, mag sich dem Leser aufschließen, wieso ich bereits bei
meiner eingangs
flüchtigen Wahrnehmung der Exponate, den enormen
künstlerischen Brückenschlag von etlichen Jahrtausenden intuitiv gewahrte,
und zwar vor dem Einsatz meiner analysierenden Denktätigkeit!
Denn Loef´s Fingermalereien signalisierten mir, wie aus
dem Zeugenstand, die zeitversetzte Duplizität eines zutiefst ART-verwandten Kunstprozesses.
Auf das Fundament meiner Intuition und Analyse bauend, habe
ich die
Fingermalereien Rick E. Loef´s,
gemäß ihres Entstehungsprozesses, ihrer äußeren Erscheinungsform
wegen und ihrem inneren Wesensgrunde
entsprechend, meinem Kunsttagebuch anvertraut als "Malerei der präarchaischen Gegenwart"
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